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„glutenfrei“ in aller Munde

„glutenfrei“ in aller Munde - Ein Ratgeber über die Glutenunverträglichkeit, Zöliakie und deren Formen und Ursachen.

In unserer heutigen Ernährung stellen glutenhaltige Nahrungsmittel wie Brot, Nudeln und Frühstücksflocken einen Hauptbestandteil dar und auch in der Lebensmittelindustrie wird Gluten immer häufiger als Bindemittel und Stabilisator eingesetzt. So befindet es sich in Spuren in fast allen verarbeiteten Lebensmitteln wieder. Parallel dazu lässt sich seit einigen Jahren ein Trend zur glutenfreien Ernährung verzeichnen. Die Produktpalette Weizen - freier Alternativen erweitert sich genauso wie die Häufigkeit der Entwicklung einer Unverträglichkeit gegenüber Gluten. Doch hat der Getreidestoff wirklich das Zeug zum „bösen“ Lebensmittel? Werden Weizen, Roggen und Gerste vom einstigen Retter vor dem Hungertod nun zum Feind unseres Körpers?  Geht es um Ernährungsfragen, bricht über Eltern schnell eine Welle der Hysterie herein, denn gerade die Gesundheit des Kindes möchte man durch eine falsche Ernährung keinesfalls gefährden.

In diesem Ratgeber werden wir deshalb den Urwald zum Thema Gluten lichten, indem wir auf die Genese des Misstrauens gegenüber unserem täglich Brot eingehen. Wir geben Aufschluss darüber, was Gluten besonders im Körper von Kindern anrichten kann und wie bzw. wann man sich selbst und sein Kind auf Glutenunverträglichkeit testen lassen sollte.  Des Weiteren informieren wir über den neuesten Stand der Forschung und geben Tipps zum Leben mit Zöliakie, der gravierendsten Form der Glutenunverträglichkeit. 

 

First things first: Was ist Gluten eigentlich?

Gluten (lat. „Leim“) ist seinem Namen entsprechend ein Klebeeiweiß; für Pflanzensamen trägt es die Funktion als Speicherprotein. In Verbindung mit Wasser bildet es einen Kleber, bestehend aus Glutenin und Prolamin.[1] Ohne diese Eigenschaft würde Brot nicht knusprig und locker, sondern trocken und steinhart aus dem Ofen kommen. Gluten, welches sich im Mehlkörper des Samenkorns befindet, ist nicht das einzige Getreideeiweiß. Unmittelbar unter der Schale sitzen Albumine und Globuline, diese sind jedoch gesundheitlich eher unbedenklich. Verantwortlich für Unverträglichkeiten sind die Prolamine. Diese sind bei jeder Getreidesorte leicht unterschiedlich, Weizen beispielsweise besitzt das für manche Menschen schädliche Gliadin, Mais hingegen das unproblematische Zein.[2] Gluten befindet sich nicht nur in Weizen, Roggen und Gerste, sondern auch in Dinkel, Grünkern, Einkern, Emmer und weiteren Sorten von Getreide.

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Worin liegen die Ursachen für eine Glutenunverträglichkeit?

Von Seiten der Evolution aus gesehen ist die Änderung unseres Speiseplans erst einen Wimpernschlag lang her – das ist in der Tat ziemlich kurz! Vor etwa 10.000 Jahren begannen unsere Vorfahren in Mesopotamien Getreide anzubauen und zu verarbeiten. Es dauerte weitere 3000 Jahre, bis der Trend des Ackerbaus auch nach Europa überschwappte. Unser Verdauungssystem musste sich von da an mit neuen Nährstoffen auseinandersetzen.[3] Daher ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass der Verdauungstrakt einiger Brotliebhaber genetisch bedingt überfordert mit der Verarbeitung von Gluten ist. Nicht jeder mit einer genetischen Veranlagung zur Glutenunverträglichkeit entwickelt diese auch automatisch, daher vermuten Forscher weitere mögliche Auslöser wie etwa Infektionen mit einem bestimmten Pilz (Candida albicans).[4] Ebenso könnte in manchen Fällen ein Enzymdefekt in der Dünndarmschleimhaut vorliegen.[5]

 

Formen der Getreideunverträglichkeit

Warum existiert so viel Verwirrung um Gluten? Einerseits liegt das an den verschiedenen Auswirkungen von Gluten auf Körper und Gesundheit. Gerade für Nicht – Betroffene ist es oft nicht leicht, zwischen den Begriffen zu unterscheiden. Dies führt natürlich nicht wirklich zu mehr Verständnis der Krankheit, sondern eher zu Verallgemeinerungen. Bis zu diesem Punkt sprachen wir von „Glutenunverträglichkeit“, korrekt ist es jedoch im Allgemeinen von „Getreideunverträglichkeit“ zu sprechen. Warum? Das erklären wir nun – aufgepasst!  

Weizensensitivität
Diese wird auch Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS) genannt und ist sowohl wenig bekannt als auch noch nicht vollends erforscht. Ausgelöst wird sie durch eine angeborene Immunabwehr, die durch ein im Weizen und anderem Getreide enthaltenes Protein ausgelöst wird. Dieses Protein ist allerdings nicht Gluten, sondern die erst spät entdeckten ATIs (Amylase-Trypsin-Inhibitoren). Für Betroffene zählt als Richtlinie für Lebensmittel jedoch genauso das „glutenfrei“ - Siegel, da ATIs in jedem glutenhaltigen Getreide zu finden sind. Eine hohe Anzahl der Deutschen, nämlich mindestens 5 Prozent, leiden an dieser Sensitivität, können aber dennoch geringe Mengen Weizen, Gerste oder Roggen vertragen. Nimmt man hohe ATI- Konzentrationen zu sich, aktivieren diese den Teil des Immunsystems, der Krankheitserreger erkennen soll. Dieser setzt Stoffe frei, die zu verschiedenen Beschwerden führen können. Darunter zählen allen voran Benommenheit, Gelenkschmerzen, Müdigkeit und Bauchschmerzen.[6] 

Weizenallergie
Es handelt sich hierbei meist nicht um eine Pollenallergie, sondern die allergische Reaktion wird durch die Aufnahme mit der Nahrung ausgelöst. Sie kann im Laufe des Lebens aber wieder verschwinden und tritt in verschiedenen Ausformungen, meist aber im Kindesalter, zu Tage. Die Symptome sind vergleichbar zu anderen Allergien und können von juckenden Augen bis hin zu Nesselsucht und Asthma führen. Im Körper eines Menschen mit Weizenallergie bilden sich bestimmte Antikörper, die sehr stark auf Allergene im Weizen reagieren. Bei der Ernährung muss auf weizenhaltige Produkte verzichtet werden. Wichtig: Selbst wenn ein Lebensmittel als „glutenfrei“ deklariert ist, muss es nicht zwangsläufig komplett weizenfrei sein – kompliziert, aber leider wahr![7] 

Zöliakie
Auf die Zöliakie möchten wir nun etwas genauer eingehen, da sie zweifelsohne die folgenschwerste aller Getreideunverträglichkeiten ist und besonders für die Kindesentwicklung einen Risikofaktor darstellt. Zöliakie (griech. koiliakós = Koliken) ist weder Sensitivität noch Allergie, sondern eine Autoimmunerkrankung, die sich in der chronischen Entzündung des Dünndarms bzw. der Dünndarmschleimhaut äußert. Etwa 0,9 bis 1 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands leiden an dieser Krankheit, die in jedem Lebensalter auftreten kann.

 

 

Doch wodurch wird sie hervorgerufen? Sicher ist: Jeder Betroffene trägt vererbbare und leicht modifizierte HLA – Proteine in seiner DNA. Diese werden bezeichnet als HLA DQ2 bzw. HLA DQ8. Sie fungieren als Gewebsantigene und unterscheiden körpereigene von körperfremden Strukturen durch das Immunsystem.[8] Etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung tragen diese speziellen HLA-Proteine in sich, doch erkrankt nur jeder 30. von ihnen an Zöliakie. Eine Zöliakie tritt erst auf, wenn das Immunsystem im Dünndarm das fast unverdaute Gluten erkennt und eine Abwehrreaktion gegen dieses bildet. Dabei wird nicht nur das Gluten zerstört, sondern auch versehentlich die Strukturen, die dem Klebeeiweiß sehr ähnlich sind. In diesem Falle werden die Dünndarmzotten nach und nach abgebaut. Diese kleinen Fortsätze an der Schleimhaut sind jedoch unerlässlich für die Nährstoffaufnahme aus der Nahrung.[9] Durch die fehlenden Zotten verkleinert sich die Oberfläche der Schleimhaut und Nährstoffe können nur noch sehr schlecht absorbiert werden.

Deshalb ist die Zöliakie auch so gefährlich für Kinder: Durch die Malabsorption kommt es häufig zu Mangelernährung und Gewichtsverlust, Wachstumsverzögerungen und Gedeihstörungen, die sogar zum Tod führen können. Weitere Symptome sind Durchfall (Diarrhö), Magenschmerzen sowie ein Blähbauch. Oft begleiten die Krankheit besonders bei Erwachsenen ungewöhnliche Symptome der Zöliakie, die nicht in erster Linie damit assoziiert werden. Darunter sind Eisenmangel, Zyklusstörungen bis hin zu Fehlgeburten, Migräne oder Osteoporose. In einigen Fällen zeigen sich die Symptome der Zöliakie auch nur sehr schwach. Die Diagnose der Autoimmunerkrankung kann sehr sicher gestellt werden durch einen Bluttest auf spezielle Antikörper in Verbindung mit einer Endoskopie und einer Gewebeentnahme.[10]

 

Allergisch gegen fast alles -  erkranken Kinder wirklich häufiger als noch im 20. Jahrhundert?

Viele Eltern kennen das: Beim Kindergeburtstag muss man nicht nur beim Toben durch den Garten Augen und Ohren offen haben, sondern auch am Kuchenbuffet. Amelie verträgt keine Milchprodukte, Max darf keinen Nusskuchen essen und der kleine Finn hat wegen seiner Weizenallergie glutenfreie Törtchen mitgebracht. Das ist ein Extrembeispiel, aber wo sich viele Knirpse auf einem Haufen tummeln schon längst nicht mehr die Ausnahme. Man kann feststellen, dass in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der Allergien und Unverträglichkeiten besonders bei Kindern zu verzeichnen war. „Das hat es bei uns früher alles nicht gegeben, wir waren gesund!“, wundern sich die Großeltern. Das stimmt aber nur zum Teil. Warum? Dem wollen wir auf den Grund gehen.

Umweltbelastungen
Die Zahl der Asthmapatienten hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt und ist die häufigste aller Allergien. Die massive Umweltbelastung, die mit der Luftverschmutzung einher geht, ist mitverantwortlich für die Entwicklung von Allergien. Es wird jedoch vermutet, dass gerade der häufige Kontakt mit Fremdstoffen (synthetisch und natürlich) und den darin enthaltenen Allergenen eine Abwehrreaktion des Körpers hervorrufen kann. Auch unsere Ernährung ist Schuld: Wir nehmen teils hochgradig verarbeitete Kost zu uns. Ein weiterer Faktor sind hygienische und medizinische Maßnahmen, die potentiell Allergie - schützende Infektionen des Kindes verhindern. Das Immunsystem wird zu wenig gestärkt.[11] Am Beispiel der Erforschung von Zöliakie wird hingegen deutlich, dass besonders Lebensmittelunverträglichkeiten kein Phänomen des 21. Jahrhunderts sind, sondern schon viel länger unentdeckt existierten.

 

Zöliakie – nicht nur ein Phänomen der Neuzeit

Supermarktregale füllen sich immer mehr mit glutenfreien Lebensmitteln und im Kreise der Familie gibt es oft mindestens eine Person, die auf Gluten verzichten muss. Doch ist das beunruhigend? Im Grunde nicht. Denn wie zu Anfang des Ratgebers bereits erwähnt, ist die Unverträglichkeit von Getreide oft genetisch bedingt, da sich unser Körper noch nicht an das vergleichsweise neue Nahrungsmittel gewöhnt hat. Und dies ist nicht erst seit kurzem. Begünstigt wird der Ausbruch der Zöliakie in unserer heutigen Gesellschaft lediglich durch die Genmanipulation des Weizens einhergehend mit einem Anstieg des enthaltenen Glutens von 5 auf teilweise 50 Prozent. Davon verspricht sich die Industrie bessere Backeigenschaften. Ebenfalls spielt der massenhafte Verzehr von Brot und Nudeln im Gegensatz zu dem unserer Vorfahren eine Rolle.[12]

In den 1930er Jahren verstarben noch 12 Prozent der an Zöliakie leidenden Kinder mangels Diagnose. Nach dem Zweiten Weltkrieg beobachtete der Kinderarzt Willem Karel Dicke den Rückgang der unerklärlichen Tode und vermutete als Grund die Weizenknappheit. Anfang der 1950er Jahre identifizierte und charakterisierte er als erster das Gluten als Auslöser der Zöliakie. Von da an sank die Mortalitätsrate rapide.[13] 1997 gelang  dem Biochemiker und Mediziner Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan ein Paradigmenwechsel in der Zöliakieforschung durch die Identifizierung der Gewebetransglutaminase (TG2) als letzten großen Meilenstein in der Genese, Diagnose und Behandlung. Seitdem ist Zöliakie die am besten charakterisierte Autoimmunerkrankung.[14]

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Die 2015 veröffentlichte KiGGS - Studie sollte die aktuellen Zahlen zur Häufigkeit der Zöliakie und zum Anteil nicht erkannter Zöliakiefälle bei Kindern und Jugendlichen liefern. In den Jahren 2003 bis 2006 wurden Serumproben von 17641 Personen im Alter von 0 bis  17 Jahren entnommen und Fragebögen verteilt. Daraus ergab sich eine Prävalenz (Häufigkeit) der Zöliakie von 0,9 Prozent an der deutschen Gesamtbevölkerung. Daraus schlossen die Forscher, dass Zöliakie stark unterdiagnostiziert ist. Bei 9 Kindern, die an der KiGGS – Studie teilnahmen, war Zöliakie bereits diagnostiziert worden. 97 weitere Kinder litten laut den Forschern ebenfalls unbemerkt an Zöliakie. Das liegt daran, dass bei dem Großteil der Betroffenen so gut wie keine Symptome auftraten.[15] 

Noch im Jahr 2013 wurde empfohlen, geringe Mengen Gluten bei Säuglingen bereits zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat einzuführen, um einer Erkrankung an Zöliakie vorzubeugen. Dies wurde jedoch 2014 wieder verworfen, denn eine weitere Studie deckte auf, dass die gezielte Zugabe von Gluten keinen präventiven Effekt zeigte.[16]

Was soll man also als Elternteil tun, wenn man selbst oder das eigene Kind von Zöliakie oder anderen Arten der Getreideunverträglichkeit betroffen ist? Welche Maßnahmen schützen Ihre Gesundheit?

 

Kein Gluten mehr – und jetzt? Wie schütze ich mich und mein Kind im Alltag?

Die einzige wirksame Therapie ist und bleibt der konsequente und lebenslange Verzicht auf Gluten. Denn auch wenn die Symptome nach und nach verschwinden, reichen gerade bei Zöliakiepatienten schon geringste Mengen Gluten aus, um Bauchkrämpfe und andere Begleiterscheinungen von neuem auszulösen. Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) vergibt das Glutenfrei-Symbol an Lebensmittel, wenn diese die unbedenkliche Menge von 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm nicht überschreiten. Eine tägliche Zufuhr von bis zu 10mg Gluten löst bei Patienten keine Symptome aus. Die Analyse des Glutengehalts muss bei den Herstellern glutenfreier Produkte halbjährig nachgeholt werden. Bis jetzt wurde rund 2700 Produkten das  Glutenfrei-Symbol verliehen.[17]

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Auf der Website der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) finden Patienten umfangreiche Informationen und Tipps zum Umgang mit der Krankheit, zum Beispiel zum Thema „glutenfrei einkaufen“. Unterstützung nicht nur von Ärzten, sondern auch von anderen Betroffenen zu erhalten, ist für Zöliakiepatienten besonders wichtig, denn man muss im Alltag vieles beachten, was für Außenstehende zunächst schwer umsetzbar klingt und oft auf Unverständnis trifft. Anders als bei anderen Intoleranzen, etwa gegen Laktose, kann das Krankheitsbild der Zöliakie lebensbedrohlich verlaufen. Jeder sollte sich vor Augen führen, dass der Verzicht auf Gluten für viele Menschen kein reiner Ernährungstrend ist, sondern wichtig für ein uneingeschränktes Leben. Zur Verdeutlichung: Etwa 10mg Gluten sind gesundheitlich unbedenklich. Eine einzige große Nudel enthält schon ganze 200mg! Deshalb stellt die DZG klar, dass nicht nur auf Offensichtliches wie Brot und Nudeln aus Weizen, Roggen und Gerste verzichtet werden muss, sondern auch auf die genaue Zusammensetzung der Zutaten in verarbeiteten Produkten geachtet werden sollte.

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Wussten Sie, dass Schokolade, Chips, Softgetränke, Frischkäse, Kartoffelpuffer, Gewürzmischungen etc. Gluten enthalten können? Auf deren Verpackungen finden sich oft Spurenhinweise auf Gluten, das bei der Ernte, beim Transport oder der Abpackung in das Produkt gelangen kann. Ob der Glutengehalt unter oder über dem Höchstwert liegt, ist nicht sicher. Für genauere Informationen empfehlen wir die Warnhinweise zur Spurenkennzeichnung der DZG, welche Sie hier finden.

 

Kontaminationsrisiken im Haushalt

Babys, Kleinkinder und Grundschulkinder sind besonders gefährdet, unbewusst Gluten zu sich zu nehmen. Wir Erwachsenen können Zutatenlisten lesen und selbst glutenfrei kochen, junge Patienten können das nicht. Sie sind auf die Unterstützung der Familienmitglieder angewiesen. Da Zöliakie vererbbar ist, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens ein Verwandter ersten Grades ebenfalls betroffen, die Krankheit muss aber nicht zwangsläufig ausbrechen.[18] Im Haushalt sind einige Dinge zu beachten: Glutenfreie Produkte sollten immer räumlich getrennt von anderen Lebensmitteln aufbewahrt werden. Arbeitsflächen und Geschirr muss gründlichst gereinigt werden und es ist notwendig, Brot in separaten Toastern zuzubereiten. Dasselbe gilt für alle Lebensmittel, aus denen mit Messer oder Löffel kleine Mengen entnommen werden wie Butter, Marmelade oder Frischkäse. Diese sollten ebenfalls in doppelter Ausführung vorhanden sein. Das Kind sollte im Kindergarten und in der Schule stets aus seiner eigenen Brotdose essen und sein Pausenbrot (es bietet sich an,  dies selbst glutenfrei zu backen)nicht auf anderen Oberflächen ablegen.[19]

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Eine Broschüre der DZG mit vielen weiteren Informationen zum Alltag mit Zöliakie in leichter Sprache finden Sie hier. https://www.dzg-online.de/files/leichte_sprache_web.pdf. Dort enthalten ist auch eine Liste der Lebensmittel, die naturbelassen kein Gluten enthalten. Zusätzlich kann man bei seinem Hausarzt eine Liste mit allen glutenhaltigen Nahrungsmitteln anfordern, diese erleichtert den Einkauf.  Regelmäßige Zöliakie-Verlaufsuntersuchungen gehören zum Pflichtprogramm jedes Patienten.  Es empfiehlt sich zudem bei Diätproblemen nicht nur auf rein medizinische, sondern auch auf psychologische Aspekte einzugehen. Denn besonders Kinder vernachlässigen in der Schule oft ihre Diät, weil sie „dazugehören“ wollen. So können Folgeerkrankungen wie etwa Diabetes oder Osteoporose entstehen.[20]

 

Nicht nur in Lebensmitteln steckt Gluten

Wie schon angeführt ist das Risiko, unbemerkt Gluten zu sich zu nehmen, bei Kleinkindern besonders erhöht und darüber hinaus nicht nur auf die Zufuhr von Nahrungsmitteln beschränkt. Ein besonderer Risikofaktor: Fingerfarben, Knete und Wachsmalstifte! All diese Produkte enthalten bei den einigen Herstellern Gluten. Wenn der Sprössling im Kindergarten mit Knete modelliert, danach nicht gründlich die Hände wäscht und die Hand in den Mund wandert, ist das oft schon ausreichend, um Symptome auszulösen. Glutenfreies Kinderspielzeug ist also ein wahrer Segen für alle kleinen Entdecker und es gibt gute Nachrichten: Glutenfreie Knete und Wachsmaler  von hoher Qualität gibt es schon! Unter anderem stellt die Firma ÖkoNORM diese bereits seit einiger Zeit her. Hier finden Sie unseren aktuellen Blogbeitrag, in dem wir Ihnen ÖkoNORM und seine Produktpalette genauer vorstellen. Dennoch ist auch hier stetes das Lesen der Verpackung und der dort benannten Inhaltsstoffe sehr wichtig. So sind die vorbenannten Mal-Utensilien ohne Gluten,jedoch sind die Fingermalfarben nicht gluten-frei deklariert. Jedoch kann man hier auf die Wassermalfarben des Herstellers zurück greifen.
 

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Gibt es alternative Therapien?

Wenn man sich an die glutenfreie Diät hält, sind meistens schon nach 2 Wochen die Beschwerden fast verschwunden und die Darmwand regeneriert sich langsam. Nur in einzelnen Fällen tritt trotz Diät keine Verbesserung ein. Zur Zeit wird intensiv nach neuen Behandlungsmethoden gesucht. Eine Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Schuppan beschäftigt sich mit der Erforschung einer medikamentösen Begleittherapie. Gerüchte um glutenfreie Weizenzüchtungen bei Erhalt der Backfähigkeit kursieren ebenfalls, sind aber nicht umsetzbar. Vielversprechender sieht es jedoch in der Entwicklung eines Messgeräts zur Bestimmung des Glutengehalts in Lebensmitteln aus. Bis ein solches Gerät verfügbar ist, muss es aber ausreichend empfindlich sein und auch bei Störfaktoren einwandfrei funktionieren. In den USA existieren bereits sogenannte glutenspaltende Nahrungsergänzungsmittel, diese sind aber weder geprüfte Arzneimittel noch eine Alternative für Zöliakiepatienten, da sie eine glutenfreie Ernährung nicht ersetzen.[21]

 

Ist Gluten auch für gesunde Menschen schädlich und sollte man generell darauf verzichten?

Der Markt der glutenfreien Produkte ist ein Milliardengeschäft. Jährlich sprießen neue Marken aus dem Boden, die deutlich teurer als ihre glutenhaltigen Pendants sind. Eine Erklärung für den wachsenden Markt und das „glutenfrei“- Marketing ist die höhere Diagnoserate von Menschen mit  Getreideunverträglichkeiten. Doch natürlich ist es für die Lebensmittelindustrie wünschenswert, wenn nicht nur Kranke, sondern auch Gesunde ihre Produkte kaufen. Gluten wird demnach oft als ungesund deklariert und von Verbrauchern gemieden. Das ist jedoch nur eine Halbwahrheit, denn Gluten in seiner ursprünglichen Form ist für Menschen ohne Zöliakie und Co. kein gesundheitsgefährdender Faktor.

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Das eigentliche Problem ist besonders der genetisch veränderte Weizen mit hohem Glutenanteil und der Massenkonsum von Weizenprodukten. Der US - amerikanische Mediziner William Davis deklariert in seinem Bestseller „Wheat Belly“ den Weizen als ungesunden Dickmacher. Wenn man sich nun anschaut, welche Produkte viel Weizen enthalten, so sind dies vor allem Fast Food wie Burger und Pizza, Kuchen, Törtchen, Donuts etc. Darin finden sich sogenannte „leere Kalorien“, die dem Körper wenig Nährstoffe, dafür aber viel Fett liefern. Deshalb ist es einerseits nicht verkehrt, besonders auf Weizenprodukte zu verzichten. Andererseits ist nicht allein das Gluten der Hauptgrund für eine ungesunde Ernährung – der Rückgriff auf ursprüngliche Getreidesorten sowie ein Verzehr in Maßen wirken einer Erkrankung entgegen.[22] Positiv ist, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Gluten brauchen, um ein gesundes Leben zu führen. Der Verzicht auf Gluten schadet allenfalls dem Geldbeutel.[23]

 

Fazit – Was sind die Erkenntnisse über Gluten?

Mehr Menschen als bisher angenommen leiden an einer Unverträglichkeit gegenüber Getreide und dem darin enthaltenen Speicher – und Klebeprotein Gluten. Die Ursachen hierfür liegen größtenteils in der nur teilweise erfolgten Anpassung an den Verzehr von Getreide, hängen aber auch mit heutigen Züchtungen von genmanipuliertem Weizen und einem massenhaften Getreidekonsum zusammen. Besonders Eltern sollten ihre Kinder, sofern diese Symptome eine Unverträglichkeit oder gar Zöliakie aufweisen, zunächst einem speziellen Bluttest beim Arzt unterziehen, der eine Erkrankung ausschließen oder feststellen kann. Eine Untersuchung ist auch ratsam, wenn in der Familie bereits Fälle von Zöliakie bekannt sind. Diese Autoimmunerkrankung kann besonders für Kinder schwerwiegende Folgen haben und sollte von Außenstehenden stets respektiert und nicht mit einem Ernährungstrend verwechselt werden. Denn bei einer erfolgreichen glutenfreien Diät sind nicht nur die Motivation des Patienten, sondern auch die seines Umfeldes gefragt.

Leider kann die Forschung bis heute die vielen aufkommenden Ernährungsfragen nicht eindeutig beantworten. Der menschliche Verdauungstrakt ist dafür noch nicht hinreichend erforscht. Deswegen ist eines besonders wichtig: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl! Ist Ihr Kind gut entwickelt, fidel und nicht in auffälligem Maße anfällig für Infektionen, liegt kein Grund zur Übervorsichtigkeit vor. Sie sollten sich vor Augen führen: Vorschnelle Schlüsse auf Glutenunverträglichkeit oder gar Zöliakie ohne ärztliche Diagnose können Ihrem Kind ebenfalls schaden, denn Kinder möchten sozial integriert sein und „dazugehören“ und sich nicht von ihren Altersgenossen separiert fühlen.

Doch selbst wenn die Diagnose tatsächlich „Zöliakie“ lautet, ist dies kein Grund zum Verzweifeln. Sich glutenfrei zu ernähren wird immer einfacher und Vereine wie die DZG bieten zahlreiche Informations-  und Weiterbildungsmaßnahmen sowie eine Plattform zum Austausch an. Also tief durchatmen – sie sind nicht allein!

 

 


[1]Vgl.: http://www.chemie.de/lexikon/Gluten.html. Abgerufen am 17.02.2017.

[2]Vgl.: „Was ist Gluten?“. http://www.glutenfrei-unterwegs.de/wissen/was-ist-gluten.html. Abgerufen am 19.02.2017.

[3]Vgl.: Detlef Schuppan, Klaus-Peter Zimmer: „Diagnostik und Therapie der Zöliake“, in: Deutsches Ärzteblatt. Jg. 110. Heft 49. 06. Dezember 2013. S. 835.

[4]Vgl.: „Was versteht man unter Zöliakie? Ursachen einer Glutenunverträglichkeit“. http://www.was-ist-zoeliakie.de/. Abgerufen am 16.02.2017.

[5]Vgl.: Glaser, Hubertus: „Was sind die Ursachen der Zöliakie?“. Http://www.navigator-medizin.de/eltern_kind/die-wichtigsten-fragen-und-antworten-zu-kinderkrankheiten/bauch-und-bauch-organe/zoeliakie/grundlagen-und-ursachen/2550-was-sind-die-ursachen-der-zoeliakie.html. Abgerufen am 16.02.2017.

[6]Vgl..: „Weizenunverträglichkeit. Forscher suchen Ursachen und Grundlage für verträglichere Sorten“. https://medizin-aspekte.de/63159-weizenunvertraeglichkeit-forscher-suchen-ursachen-und-grundlage-fuer-vertraeglichere-sorten/. Abgerufen am 16.02.2017.

[7]Vgl.: „Weizen Allergie“. http://www.mein-allergie-portal.com/allergie-wiki/85-weizen-allergie.html. Abgerufen am 19.02.2017.

[8]Vgl.: „Genetische Veranlagung“. http://www.dzg-online.de/genetische-veranlagung.386.0.html/. Abgerufen am 16.02.2016.

[9]Vgl.: Anm. 3. S. 836ff.

[10]Vgl.: Anm. 3. S. 840.

[11]Vgl.: Larbolette, Oliver: „Allergien auf dem Vormarsch“. http://www.spektrum.de/lexikon/biologie-kompakt/allergien-auf-dem-vormarsch/423. Abgerufen am 19.02.2017.

[12]Vgl.: „Weizengluten fördert Übergewicht“. https://www.zentrum-der-gesundheit.de/weizen-gluten-uebergewicht-ia.html. Abgerufen am 19.02.2017.

[13]Vgl.: Anm. 3. S. 835.

[14]Vgl.: „ Gastroenterologe Detlef Schuppan für bahnbrechende Arbeiten in der Zöliakieforschung gewürdigt“. Https://www.uni-mainz.de/presse/70890.php. Abgerufen am 16.02.2017.

[15]Vgl.: Klaus-Peter Zimmer, Sibylle Koletzke (u.a.): Zöliakieprävalenz bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Deutsches Ärzteblatt. Jg. 112. Heft 33-34. 17. August 2015. S. 553ff.

[16]Vgl.: Neue Erkenntnisse zu Gluteneinführung und Zöliakie-Risiko“. https://www.gesund-ins-leben.de/fuer-fachkraefte/newsletter/newsletter-archiv/newsletter-nr-46-vom-13082015/#c14507. Abgerufen am 16.02.2017.

[17]Vgl.: „Glutenfrei-Symbol“. http://label-online.de/glutenfrei-symbol/. Abgerufen am 16.02.2017.

[18]Vgl.: Anm. 9. S. 841.

[19]Vgl.: http://www.dzg-online.de/hygiene-im-haushalt.46.0.html. Abgerufen am 16.02.2017.

[20]Vgl.:„Kindliche Zöliakie, Adhärenz zur glutenfreien Diät, psychosoziale Fragen“. Interview mit Prof. Dr. Zimmer. 21.12.2015. http://www-mein-allergie-portal.com/zoeliakie-und-glutensensitivität/775-kindliche-zoeliakie-adhaerenz-zur-glutenfreien-diaet-psychosoziale-fragen.html. Aberufen am 16.02.2017.

[21]Vgl.: „Zöliakie? Glutensensitivität? Was tut sich in der Forschung?“. Interview mit Sofia Beisel (DZG). 21.06.2016. http://www.mein-allergie-portal.com/zoeliakie-und-glutensensitivitaet/912-zoeliakie-glutensensitivitaet-was-tut-sich-in-der-forschung/seite-2.html. Aberufen am 19.02.2017.

[22]Vgl.: Von Gudow, Johannes: „Die Legende vom bösen Gluten“. 21.11.2013. http://www.zeit.de/2013/48/gluten-unvertraeglichkeit/. Aberufen am 19.02.2017.

[23]Vgl. : Glaser, Hubertus: „ Ist Gluten für eine gesunde Ernährung notwendig?“. http://www.navigator-medizin.de/eltern_kind/die-wichtigsten-fragen-und-antworten-zu-kinderkrankheiten/bauch-und-bauch-organe/zoeliakie/behandlung-und-selbsthilfe/2582-ist-gluten-fuer-eine-gesunde-ernaehrung-notwendig.html. Abgerufen am 20.02.2017.

 

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